In der Lernpsychologie hat man aus Beobachtung abgeleitet, dass es individuelle Unterschiede im Lernverhalten von Kindern gibt. Das Konzept der Lernstile geht davon aus, dass die meisten Kinder einige wenige Methoden bevorzugen, um Informationen zu verarbeiten. Somit werden Leistungsunterschiede damit erklärt, dass die passende Lernmethode nicht angeboten wird – sofern man von ansonsten gleichen Lernbedingungen sprechen kann.
In der Lernstilforschung wurden verschiedene Modelle zur Differenzierung von Lerntypen vorgeschlagen. Die Ursprünge finden sich in der Typisierung nach Vester, welcher die Rolle der Sinneswahrnehmungen während der Informationsverarbeitung betont. „Mit allen Sinnen lernen“ ist vor allem in der Grundschulddidaktik sehr beliebt und ein unverzichtbarer pädagogischer Grundsatz, denn Sinneswahrnehmung und Lernen werden hier in einem Atemzug genannt:
Lerntyp 1 lernt auditiv („durch Hören und Sprechen“),
Lerntyp 2 lernt visuell („durch das Auge, durch Beobachtung“),
Lerntyp 3 lernt haptisch („durch Anfassen und Fühlen“),
Lerntyp 4 lernt kognitiv durch den Intellekt/Erkennen.
(Der Lerntyp-Test nach Vester: https://mitteldeutsches-institut.de/lerntypen/)
Für Kinder und Jugendliche auf weiterführenden Schulen ist außerdem das Modell der Lernstile nach Kolb interessant. Hier wird Lernen als ständig fortschreitender Prozess gesehen, welcher in einem Zyklus von vier Phasen verläuft. Je nachdem welchem Lerntyp man entspricht, ist eine Phase besonders ausgeprägt und hilfreich:
- Divergierer (der Entdecker) bevorzugt konkrete Erfahrung und reflektiertes Beobachten,
- Assimilierer (der Denker) bevorzugt reflektiertes Beobachten und abstrakte Begriffsbildung,
- Konvergierer (der Entscheider) bevorzugt abstrakte Begriffsbildung und aktives Experimentieren,
- Akkommodierer (der Praktiker) bevorzugen aktives Experimentieren und konkrete Erfahrung.
(Die Lernstildiagnose nach Kolb: https://methodenkompetenz.blogs.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/Lernstil/assets/img/template-media/Haller.pdf)
Den konkreten Anwendungsnutzen der Lernstilforschung findet man unter anderem in der Begründung für didaktische Vielfalt in den Lernangeboten und Lernmethoden, die aus den Ansätzen hervorgehen. Darauf aufbauend wird in den letzten Jahren vermehrt darauf hingewiesen, dass Lehrer die Lernstile ihrer Schüler einschätzen und ihre Lehrmethoden dementsprechend anpassen sollten.
Die verschiedenen Typisierungen sollten allerdings nicht als ein starres Korsett missverstanden werden, sondern vielmehr zum Ausprobieren verschiedener Methoden anregen, um individuelle Präferenzen zu erkunden und auszubauen – die Identitätsfindung steht im Vordergrund.